Iran (10. – 22. Mai 2017)
Die TWG-Exkursion 2017 führte vom 10. bis 22. Mai 2017 in den Iran. Den 21 Mitglieder und Förderer der Gesellschaft der Freunde des Deutschen Archäologischen Instituts, die an der Exkursion teilnahmen, präsentierte sich der Iran als ein außerordentlich freundliches Land, das den Besucher mit seiner reichen Geschichte, seinen Gärten und Palästen, seinen Moscheen, Mausoleen und Medressen und mit seinen Zeugnissen der Kultur, der Kunst und der Literatur nachhaltig beeindruckt. Die Reiseroute verlief in Begleitung der Leiterin der DAI-Außenstelle Teheran, Frau Dr. Judith Thomalsky, von Teheran über Isfahan und Yazd nach Shiraz und berücksichtigte vor allem auch die vor- und frühgeschichtlichen archäologischen Zeugnisse des Landes sowie die klassischen historischen Stätten von Pasargadae und Persepolis.
Das Programm in der umtriebigen und staugeplagten Hauptstadt Teheran begann mit einem Informationsbesuch in der Deutschen Botschaft und dem obligatorischen Geldwechsel mit gewöhnungsbedürftigen Millionenbeträgen zunächst routiniert und für die vielgereisten Teilnehmer nicht ungewöhnlich. Aber schon der ausgedehnte Besuch im Nationalmuseum gab einen ersten Eindruck vom geschichtlichen und künstlerischen Reichtum der Jahrtausende alten Geschichte des Landes. Der Besuch im nahegelegenen Ray, als Raga lange vor der Gründung Teherans ein wichtiger Knotenpunkt an der alten Seidenstraße, dann in parthischer Zeit sogar königliche Residenz und in früher islamischer Zeit neben Bagdad eine der bedeutendsten Städte des Orients, offenbarte uns dann vor Ort mit der historischen Quelle Chesme Ali, dem Siedlungshügel aus neolithischer Zeit und der erhaltenen Stadtmauer eindrucksvolle Zeugnisse aus den verschiedenen Zeitperioden der iranischen Geschichte. Einige Meilen weiter besuchten wir den Tappe Mil, einen ebenfalls prähistorischen Siedlungshügel, gekrönt von einer sassanidischen Palast- und Tempelanlage. Vor- und frühgeschichtliche Zeugnisse fanden wir auch in Tappe Sialk, dessen nördliche Erhebung den Nachweis für eine Besiedlung schon im 6. vorchristlichen Jahrtausend erbrachte. In einem neuen Ansatz versuchen u.a. deutsche Archäologen nachzuweisen, dass schon in dieser frühen Zeit die Gewinnung und Verarbeitung von Metallen möglich waren, deren Anfänge bisher ins 4. Jt. datiert werden. Auf dem Weg in das wegen seiner rotbraunen Lehmarchitektur bekannte Bergdorf Abyaneh, dessen Besiedlung seit sassanidischer Zeit nachgewiesen ist, berichtete Frau Dr. Thomalsky über ein altes deutsches archäologisches Bergbauprojekt im nahen Arisman, das auf weitere Forschungsgrabungen wartet.
Auf dem Weg von Yazd nach Shiraz erreichten wir die repräsentativen Stätten und Gräber der achämenidischen Großkönige aus der klassischen Zeit der Perser im 6. vorchristlichen Jhdt., heute Weltkulturerbestätten. In 1850 m Höhe besuchten wir die persische Residenzstadt Pasargadae, die Kyros der Große, der Gründer des persischen Großreiches, 550 v.Chr. nach seinem Sieg über die Meder errichten ließ. Neben den Grundmauern und einigen Säulen alter Paläste ist auf dem sehr großen Areal das ebenso schlichte wie eindrucksvolle Grabmahl von Kyros das einzige komplett erhaltene Gebäude in Form eines Steinhauses auf einer aus großen Natursteinen gebauten Basis. Unser nächster Besuch galt der 518 v.Chr. von Darios I. gegründeten, großartigen Repräsentationshauptstadt Persepolis, persisch Parsa genannt. Die Stadt wurde knapp 200 Jahre später von Alexander dem Großen erobert und zerstört. Da die Reste vieler Gebäude bis zum Beginn der archäologischen Ausgrabungen ab etwa 1930 unter dem Erdreich verborgen waren und keine Erdbeben sie weiter verwüsteten, stellt sich Persepolis heute als Ansammlung von Säulen, Mauern, Fundamenten und Reliefs dar, die jeweils im einzelnen von außergewöhnlicher Qualität in Konzept und Ausführung sind. Wenige Kilometer entfernt besichtigten wir anschließend ein Grabungsfeld, auf dem iranische und italienische Archäologen vor wenigen Jahren Fundamente eines zu einem weiteren Palast gehörenden Prachttores gefunden haben, das zu ihrer Überraschung von Kyros dem Großen, dem Gründer des Achämenidenreiches gebaut worden sein muss – also älter als Persepolis ist. Nach dem Fundmaterial handelt es sich um eine Nachbildung des Torbaus von Babylon, das im Pergamonmuseum in Berlin zu sehen ist. Wiederum einige Kilometer weiter befinden sich dann in Naqsh-e Rostam auch die Königsgräber der achämenidischen Könige, die in den Fels gehauen und mit Reliefs und Texten ausgeschmückt sind.
Da wir während unserer begrenzten Reisezeit nur eine kleine Auswahl iranischer archäologischer Fundstätten besuchen konnten, ergänzte Frau Dr. Thomalsky den archäologischen Horizont des Iran durch Hinweise auf ein Grabungsprojekt, das sie gemeinsam mit einem iranischen Kollegen in Khorazan im Norden Irans im Grenzgebiet zu Turkmenistan bearbeitet, dann auf Aktivitäten in der historisch wichtigen Umgebung des Urmia-Sees im Norden des Landes und schließlich auf das für die frühe elamische und iranische Geschichte wichtige Gebiet im Südwesten des Landes in Richtung Mesopotamien mit der alten Hauptstadt Susa. Frau Dr. Thomalsky erläuterte dabei sehr eindrucksvoll ihre Vorstellungen, in enger Zusammenarbeit mit den iranischen Archäologen daran mitzuarbeiten, einen Gesamtüberblick über archäologische Stätten im Iran zu erstellen, Schwerpunkte zu bilden und die archäologische Forschung effizient und mit modernen Methoden voranzubringen.
Neben der Archäologie bot uns der Iran auch andere unvergessliche Höhepunkte. Zunächst die Landschaft, durch die wir reisten, die Hochebenen zwischen Elburs und Zagrosgebirge mit fruchtbaren Gebieten – den schon im Altertum genutzten Kornkammern – und den Wüsten, die Salzwüste, die wir durchquerten. Dann sehr beeindruckend die in Jahrtausenden entwickelten Bewässerungssysteme, die Qanate, die zu allen Zeiten Voraussetzung für gute Ernten und für Reichtum waren.
Wir bewunderten die Gartenanlagen und Paläste, nicht zufällig in persischer Sprache als Paradiese bezeichnet: den Golan-Palast im Zentrum und die Saad Abad Parkanlage im Norden Teherans, die Fin-Gärten in Kashan und Chahel-Sotun- und Hasht-Behesht-Palast in Isfahan, eine Stadt, der an Schönheit keine andere gleichkommt, der Dowlatabad-Garten in Yazd, schließlich Shiraz, die Stadt der Rosen und Nachtigallen, die Rivalin Istafans in der Gunst der Bewunderer mit Eram-Garten und Naranjestan-Garten, den Garten der Orangenbäume, den ein Mitglied der ol-Molk-Familie als Bürgermeister von Chiraz 1880 zusammen mit einem eindrucksvollen Palast anlegte.
Wir bewunderten die Türme des Schweigens zur Totenbestattung der Zoroaster und die Türme der Winde zur Kühlung der Häuser und großer Vorratsbehälter in Yazd und Umgebung sowie die Taubentürme von Meybod.
Und wir begegneten mit Respekt den religiösen Zentren überall im Lande. Wir begannen mit dem Besuch des schiitischen Schreins Hazrat-e Abdal Azim in Ray mit den Grabmonumenten früher Imame, einem der wichtigsten Pilgerstätten Irans. Unsere Frauen mischten sich in geliehenen Umhängen unter die betenden islamischen Frauen, während wir Männer auf der Männerseite die im wahren Wortsinn glänzende Ausgestaltung der heiligen Schreine bewunderten. Das integrierte Museum beeindruckte mit feiner, bis heute örtlich hergestellter Keramik, mit religiösen Gerätschaften und mit herrlichen, alten Büchern.
Wir passierten das noch im Bau befindliche, aber schon als Pilgerstätte dienende Imam-Khomeini-Mausoleum außerhalb von Teheran, einen riesigen, aufwendig ausgestatteten Gebäudekomplex, der als Begräbnisstätte des ersten Revolutionsführers die Vorherrschaft der Geistlichkeit im Iran dokumentiert. Auf der Weiterreise gen Süden erreichten wir die für Muslime Heilige Stadt Qom, die wir aus Zeitgründen nur aus der Ferne besichtigten. In Isfahan besuchten wir die alte Freitagsmoschee, an der seit dem 8. Jhdt gebaut wird, sowie die Imam- oder Abbas-Moschee auf dem unvergesslichen Imamplatz. Im Laufe der Weiterreise sahen wir die alte Säulenmoschee aus dem 9. Jhdt in Nain. In Chiraz waren wir beeindruckt von der privaten Rosa-Moschee des Nasr ol-Molk und von der riesigen Anlage des Shah-Cheragh-Schreins, der nach Qom und Marschad als das drittwichtigste Heiligtum der Shiiten im Iran angesehen wird.
Schließlich ließen wir uns begeistern von den zur Pahlevi-Zeit Mitte des 20. Jhdt. als nationale Gedenkstätten gestalteten Mausoleen der bekanntesten iranischen Dichter Saadi (um 1210 – 1292) und Hafiz (um 1315 – 1389). Saadi war ein vielgereister, in Bagdad ausgebildeter Gelehrter, der dem Sufi-Orden anhing, während Hafis seine Heimatstadt Shiraz kaum je verließ und in seinen Werken einen universellen Islam vertrat. Im West-östlichen Diwan setzte Goethe dem von ihm verehrten Hafis ein literarisches Denkmal.
Die Reiseteilnehmer empfanden das anspruchsvolle Reiseprogramm am Ende als eine geistige und konditionelle Herausforderung. Der Iran aber zeigte sich in seiner ganzen Einzigartigkeit und Größe und entschädigte für alle Mühen, sodass alle zufrieden und voll unvergesslicher Eindrücke wieder in die Heimat zurückkehrten.
Johannes Dohmes