Türkei (20.9.-1.10.2015)

Türkei (20.9.-1.10.2015)

Eine Gruppe von 23 Mitgliedern der TWG besuchte vom 20.09. bis 01.10.2015 die Türkei mit dem Ziel, Hattuscha, die ehemalige Hauptstadt des Hethiterreiches, und andere Zeugnisse der Hethiter zu besuchen, die zwischen 1600 und 1200 v.Chr. ein Großreich schufen, das dem Reich der Pharaonen Paroli bieten konnte und im Jahre 1259 v.Chr. mit dem Kadesch-Vertrag mit Ägypten den ersten Friedensvertrag der Menschheitsgeschichte schloss. Die Gruppe wurde begleitet von PD Dr. Andreas Schachner, DAI-Istambul, seit 2006 Leiter der Grabungsstätte Hattuscha, Autor des Buches „Auf der Suche nach dem sagenhaften Großreich der Hethiter“ und ausgewiesener Kenner der Vor- und Frühgeschichte der Menschheit. Die von Ankara nach Antalya geplante Reise führte zunächst in die westlich von Ankara gelegene phrygische Hauptstadt Gordion mit dem wohl fälschlicherweise dem König Midas zugeschriebenen mächtigen und begehbaren Tumulus aus dem 8. vorchristlichen Jahrhundert. Schon am 2. Reisetag erreichte die Gruppe Bogasköy mit Blick auf die an einem Berghang gelegene hethitische Hauptstadt mit riesigen Ausmaßen und mächtigen, z.T. rekonstruierten Stadtmauern, die zur Hochzeit des Hethiterreiches eher der Machtdemonstration als der Verteidigung dienten. Dank der kenntnisreichen Erläuterungen von Dr. Schachner bekam das zunächst unübersichtlich erscheinende, stark zergliederte Areal der Stadt Gestalt und Leben. Von hier aus regierten die Hethiter ihr Weltreich mit einer zentral ausgerichteten Verwaltung, mit einer zentral organisiserten Versorgungs- und Wasserwirtschaft und mit einer zentral verordneten Religion. Diese zentrale Ausrichtung ihrer Herrschaft wurde gefördert durch die intensive Nutzung der Schrift. Besonderes Augenmerk richtet die Gruppe auf den großen Tempel in der Unterstadt mit einer Doppelcella, die dem Wettergott Teschub und der Sonnengöttin Hepat gewidmet war, auf den Burgberg und die nahe gelegene Hieroglyphenkammer des Königs Schuppiluliuma II mit den Namen seiner Vorgänger und auf den Verlauf der mehrere Kilometer langen Stadtmauern mit den drei berühmten Stadttoren, dem Löwen-, dem Sphingen- und dem Königstor.

 

Im Verlaufe der Reise besuchte die Gruppe als weitere Zeugnisse aus der Hethiterzeit die Prozession der Götter im nahe der alten Hauptstadt gelegenen Yazilikaya, das Felsrelief von Ivriz aus der hethitischen Spätzeit und das Quellheiligtum Eflatun Pina in der Nähe des Beysehir-Sees mit jeweils sehr eindrucksvollen Abbildungen von Göttern und Königen.
Dr. Schachner machte die Gruppe darauf aufmerksam, dass die Türkei als Durchgangsgebiet der frühen Menschen auf dem Weg nach Europa und Asien überaus reich an vor- und frühgeschichtlichen Zeugnissen ist, die zum großen Teil noch der Erforschung harren. Bis zu 10.000 Jahre alte Siedlungsplätze, die die Gruppe besuchen konnte, wie Alacahüyük und Catalhüyük ebenso wie Költepe, die Stadt aus der Karumzeit, der Zeit der assyrischen Händlerdynastien, werden heute in der Türkei als Zeugnisse des Nationalverständnisses und der nationalen Identität gefeiert und sind in den hervorragend organisierten Museen des Landes wie Ankara, Corum, Kayseri, Konya und vor allem auch Antalya sehr eindrucksvoll dokumentiert. Auf dem Weg nach Süden bewunderte die Gruppe die wunderbaren Felsformationen und kulturellen Schönheiten Kappadokiens – einige Teilnehmer wagten gar eine Ballonfahrt – und besuchte Burgen, Moscheen und andere Bauten in den ehemaligen Seldschukenhochburgen Nigde und Konya. Ein besonderes Erlebnis war in Begleitung des Imams der Besuch der schönsten Holzmoschee Anatoliens, der Esrefoglu-Moschee in Beysehir mit einem Wald von 48 Holzsäulen, auf denen das Dach ruht.

 

Für alle Teilnehmer war die Reise eine höchst eindrucksvolle und erlebnisreiche Erfahrung, die aufgrund der überaus zahlreichen, teils gut dokumentierten und geschickt präsentierten Zeugnisse archäologischer Forschung die Erwartungen weit übertraf. Unter Berücksichtigung der Vielzahl weiterer archäologischer Vorkommen im Osten, Südosten und Westen der Türkei bleiben genügend Anreize für weitere Exkursionen.

Ein besonderer Dank gebührt Herrn Dr. Andreas Schachner für seine Hilfe bei der Konzeption der Reise, für seine Bereitschaft, die Gruppe während der arbeitsfreien Woche des muslimischen Opferfestes zu begleiten und für seine außerordentlich hilfreichen Erläuterungen zum Verständnis der archäologischen Forschungen und der historisch-kulturellen Verbindungen zwischen den antiken Stätten über die Jahrtausende hinweg. Dank gebührt auch unserem Reiseleiter Kenen Canak für seine immer hilfreiche und treusorgende Begleitung und für seine aus reichem archäologischem, historischem und politischem Wissen gespeisten Erläuterungen sowie unserem Fahrer Baris, von dessen Fahrkünsten alle aufs Höchste beeindruckt waren, für eine angenehme und sichere Busfahrt.

Bonn, den 08.10.2015

Johannes Dohmes