Sizilien (17.- 28.5.2016)

Sizilien (17.- 28.5.2016)

Die TWG-Exkursion 2016 führte vom 17. & 28. Mai 2016 nach Sizilien, nach Magna Graecia, wo die Griechen ab der Mitte des 7. vorchristlichen Jahrhundert Raum, Nahrung und Arbeit fanden, wo sie auf die Phoenizier trafen, die schon seit 1000 v.Chr. im Osten der Insel ihre Handelsniederlassung eingerichtet hatten, wo sie unermesslichen Reichtum anhäuften und riesige Städte, Maueranlagen und Tempel bauten, die alles aus der Heimat weit in den Schatten stellte, die dann aber im 3. Jhdt. von den Puniern vernichtend geschlagen wurden und die riesigen Tempel und anderen Bauten als Ruinen zurückließen.

Sizilien ist aufgrund der geographischen Lage auch die Insel der großen Naturschauspiele. Der Ätna tat uns den Gefallen und zeigte weiße Rauchwolken. Wir erfuhren aber auch von der Erdbebenkatastrophe im 17. Jhdt., die dann zur Initialzündung zum Bau großartiger Barockstädte wurde, die bis heute große Scharen von Touristen anziehen.
Das war die Ausgangslage für die 12-tägige intensive Rundreise, die 16 begeisterte und beeindruckte Mitglieder unserer Gesellschaft unter kenntnisreicher und einfühlsamer Führung von Prof. Dr. Henner von Hesberg, dem früheren Direktor des DAI-Rom, der auch heute noch in Selinunt arbeitet, und der Reiseleiterin Jasmin Carnabuci von Palermo bis nach Catania führte.

Palermo mit Abstecher nach Monreale gab uns eine erste Ahnung von der vielgestaltigen geschichtlichen und architektonischen Entwicklung mit den Zeugnissen aus der Zeit des klassischen Altertums über die byzantinische, normannische, arabische und islamische Zeit bis in die Gegenwart. Von Palermo verlief die Reise über die antike griechische Stadt Segesta mit dem gut erhaltenen dorischen Tempel und dem kleinen Theater auf dem nahen Stadtberg nach Mozia, einem um 1.000 v.Chr. von den Phöniziern gegründeten Handelszentrum an der Ostküste der Insel, das zu Beginn des 4. Vorchristlichen Jhdts. von Dionysios von Syrakus völlig zerstört wurde.
Vorbei an der durch ihre Weine bekannten Stadt Marsala ging es weiter nach Selinunt, das durch die einmalige Lage, die Größe seiner Tempel, Stadtmauern und Gebäuden und auch durch die Fälle der archäologischen Forschungsergebnisse beeindruckte. Eindrucksvoll auch das Zusammentreffen mit den Mitgliedern der Forschergruppe um Prof. Henner von Hesberg und der Besuch im ergiebigen und gut geordneten Magazins im DAI-Grabungshaus, dessen Dokumentation und Auswertung sich die Wissenschaftler zur Aufgabe gemacht haben.

Vorbei am zu Selinunt gehörenden Steinbruch Cave de Cuse mit einer Sammlung unvollendeter Säulentrommeln aus alter Zeit, an der schon bei Griechen, Römern und Arabern beliebten Badestadt Sciacca sowie an der von Agrigent aus gegründetem antiken Stätte Eraclea Minoa aus hellenistischer Zeit erreichten wir Agrigent, nach Syrakus die wichtigste und reichste Stadt der Griechen auf Sizilien in archaischer und klassischer Zeit. Wir studierten die wie an einer Pelenkette aufgereihten Tempel und Heiligtümer der Unterstadt bis zu den Überesten des riesigen eingestürzten Zeustempels, von dem sich Goethe enttäuscht zeigte, da er es für unsinnig hielt, einen solchen Koloss zu bauen. Von Agrigent setzten wir die Reise über Enna, seit dem Altertum als Bauchnabel bezeichnetes geographisches Zentrum der Insel fort und erreichten an einem Knotenpunkt der alten Handelsstraßen die Ruinen der seinerzeit großen und wohlhabenden Stadt Morgantina, großartig zwischen zwei Anhöhen gelegen, mit rechteckig angelegter Agora, einer Stoa, einem Bouleuterion (Ratsgebäude) und einem Ekklasterion (Volksversammlung), einem Gymnasion und einem großen Theater. Nicht unweit davon besuchten wir in Piazza Armerina die Villa Romana del Casale, eine repräsentative Villa eines unbekannten reichen Römers mit prächtigen Mosaiken aus dem 4.Jhdt. n.Chr., ein absolutes Muss für jeden Sizilienbesucher.

Dann erreichten wir Syrakus, die frühere Hauptstadt der Griechen in Westen Siziliens, seinerzeit mit angeblich bis zu einer Million Einwohner die größte Stadt der damals bekannten Welt. Wir besuchten den ausgedehnten archäologischen Park in der sogenannten Neustadt ( Neapolis) mit großen Steinbrüchen und Grabanlagen aus späterer griechischer und christlicher Zeit und erkundeten einen riesigen Altar, den der mächtige Tyrann Hieron im 3. Jhdt. v. Chr. errichten ließ, ein griechisches Theater, ebenfalls aus dem 3. Jhdt und ein römisches Amphitheater aus der späten Römerzeit. In der heutigen Altstadt, gelegen auf der Halbinsel Ortigia, bestaunten wir den Dom, der in einmaliger Weise die alte dreischiffige Struktur des alten Athene-Tempels übernommen hat und mit seinem barocken Frontportal und dem Chorraum im Innern ein griechischer Tempel geblieben ist, sowie den großen Apollo-Tempel.
Von Syrakus aus verbanden sich die Eindrücke der griechisch-klassischen Zeit mit denen des Sizilianischen Barock, der sich nach dem katastrophalen Erdbeben und der Zerstörung ganzer Städte im Westen des Landes ab der zweiten Hälfte des 17. Jhdt rasant entwickelte. So besuchten wir südlich von Syrakus das etwas abgelegene Eloro, einen Ort, der im 7. vorchristlichen Jhdt. als Vorposten von Syrakus von den Griechen an einer Flussmündung gegründet wurde, sowie das antike Akrai, dessen Steinbrüche bis in die christliche Zeit als Grablege und Unterkunft genutzt worden sind. Beeindruckend dann aber auch die nach der Zerstörung des antiken Noto neu gebaute, gleichnamige Barockstadt. Kommune, Kirchen und Private wetteiferten damals geradezu, die prachtvollsten Kirchen, Klöster, Rathäuser und Palais zu bauen. So entstand eine bis heute beeindruckende Stadt, die durch das Siegel des Kulturwelterbes geadelt wurde.
Die Reise lief aus mit dem Besuch des Naturparks Ätna, der Barockstadt Taormina sowie der heute zweitgrößten Stadt der Insel Catania, deren Existenz seit jeher dem sprichwörtlichen Tanz auf dem Vulkan gleicht. Die 3 km lange Prachtstraße Via Etnea, der einmalige Fischmarkt, Domplatz und Elefantenbrunnen, die Festung Friedrich II, das Römische Theater, die Via Crociferi, an der sich Kloster an Kloster reiht, und schließlich die Universität sind nur einige Highlights des außerordentlich vielseitigen und abwechslungsreichen Erscheinungsbildes dieser lebendigen Großstadt.
Sehr beeindruckt und geradezu begeistert zeigten sich die Reiseteilnehmer am Schluss der Exkursion und dankten Prof. Dr. Henner von Hesberg für die großartige Führung und liebevolle Darstellung der Geheimnisse der besuchten archäologischen Stätten im ersten Teil der Exkursion wie auch Frau Jasmin Carnabuci für die kenntnisreiche Reiseleitung im weiteren Reiseverlauf, die darüberhinaus auch auf einfühlsame Art den Zugang zu den barocken Kleinoden und den Naturschönheiten der Insel vermittelte.

Johannes Dohmes